Anlässlich der neuen Ausstellung Ai Weiweis in der Tate Modern in London, hier ein kurzer Post zur Ausstellung des, in China sehr bekannten aber auch umstrittenen Künstlers Ai Weiwei (艾未未) im Haus der Kunst vom März 2009 bis Januar 2010.
Bereits die Außenfassade des Kunsthauses gab beredten Eindruck von Ai Weiweis Kunst. Ihre Tiefe und Bedeutung wird dem Betrachter aber erst bewusst, wenn ihm auch der Hintergrund des Werkes bekannt ist.
Bei besagtem Kunstwerk an der Außenfassade handelt es sich um den chinesischen Satz "Sie lebte sieben Jahre glücklich auf dieser Welt." [chin.: 她在这个世界上开心地生活了七年 (Ta zai zhe ge shijie shang kaixin de shenghuo le qi nian)]
Der Satz stammt von einer Mutter, die erfuhr, dass sie beim großen Erdbeben von Sichuan 2008 ihre Tochter beim Einsturz der örtlichen Schule verlor hatte.
Der Hintergrund ist folgender: Während des großen Erdbebens waren besonders viele Grundschulen eingestürzt, zum Teil als einziges Gebäude im ganzen Ort, was auf schlampige und mangelhafte Bauqualität zurückzuführen ist.
Anstelle zu versuchen, die Kinder in den Schulen zu retten, schafften die anrückenden Rettungsteams jedoch heimlich deren Leichname aus den Trümmern der Schulen und ließen diese verschwinden. Zudem entfernten sie die Namensschilder der Kinder aus den Rucksäcken, damit die Eltern später keine Schadensersatzansprüche an die Gemeinde stellen konnten.
Um dieser Perfidität Ausdruck zu verleihen, ließ Ai Weiwei einen Vorhang aus Rucksäcken in verschiedenen Farben fertigen, welcher den oben genannten Satz wiedergibt. Die Rucksäcke dienen hierbei als Sinnbild für all die Rucksäcke der Kinder, die bei dieser Katastrophe unnötiger weise zu Tode kamen.
Ai Weiwei wurde bei seinen Nachforschungen zur Vorbereitung dieser Ausstellung in der Erdbebenregion in Sichuan von örtlichen Polizeibeamten so stark verprügelt, dass er eine Hirnblutung erlitt und später, als er sich für die Arbeiten im Haus der Kunst in München befand, zusammenbrach und nur durch eine Notoperation gerettet werden konnte. Das Poster am Anfang zeigt Ai Weiwei nach der Operation, bei der ihm die Haare auf dem Mittelkopf abrasiert wurden.
Diese bewegende Ausstellung, die sich in vielen ihrer Objekte mit dem Erdbeben in Sichuan auseinandersetzte, zeigte das vielseitige Schaffen dieses außergewöhnlichen chinesischen Künstlers.
Wie sehr sich Ai Weiwei auch mit der Geschichte des Ausstellungsortes beschäftigt, zeigt der Teppich, den er speziell für das Haus der Kunst hatte anfertigen lassen. (Siehe Foto, erste Reihe sind noch Steinplatten, die folgenden sind Teppichfliesen.)
Nachdem das Ausstellungsgebäude, noch als "Haus der deutschen Kunst", während des 3. Reiches eingeweiht wurde, diente es den Nationalsozialisten als Aufmarschplatz. Im Mittelraum hallte das Stiefelgeräusch der marschierenden Soldaten.
Ai Weiwei ließ alle Bodenplatten des Mittelraumes abfotografieren und danach in China genaue Kopien aus Teppichen anfertigen. Trat man auf den Teppich, verschwand plötzlich des Geräusch der Schuhe auf den Bodenplatten, um so Ai Weiweis Ablehnung dem Totalitarismus Ausdruck zu verleihen.
Weitere Impressionen dieser Ausstellung finden Sie unter im Webalbum SO SORRY
Wer mehr an diesem Thema interessiert ist, wird auf dem Blog zu Ai Weiweis Ausstellung fündig: http://aiweiwei.blog.hausderkunst.de
Zu sehen war die Ausstellung:
Stiftung Haus der Kunst GmbH
Prinzregentenstrasse 1, 80538 München
Telefon +49 (0)89 21127-113
http://www.hausderkunst.de
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