Am Donnerstag jährt sich zum zehnten Mal der Todestag des chinesischen Schriftstellers Lu Wenfu 陆文夫 (23.03.1928
– 09.07.2005), dessen bekanntestes Werk »Der Gourmet« ich in meinem
allerersten Post auf diesem Blog über die chinesische Esskultur erwähnte.
So
nutze ich diesen Jahrestag für einen kurzen Blick auf sein literarisches Œuvre, das die gesellschaftlichen Auswirkungen der drei entscheidendsten Epochen der jüngsten Geschichte Chinas in
sich vereint, die kommunistische Revolution, die maoistische Phase und den
Beginn der Öffnungs- und Reformperiode. Als einer der klassischen Autoren der Moderne war er noch nicht geprägt und beeinflusst von der Fülle an dogmatischer und ideologisierender Literatur der frühen Volksrepublik.
Vielleicht auch deswegen zeichnen sich Lus Protagonisten - im Gegensatz zu den schemenhaften
und oft lebensfern wirkenden Charakteren in der politisch ambitionierten
Belletristik der jungen Volksrepublik - durch
ein besonderes Maß an menschlicher Realität aus. Sie wirken wie wirkliche
Menschen mit allen positiven und negativen Seiten. Ein klares Gut oder Böse, als Licht- und Schattenseiten, findet man selten in seinen Geschichten, eher ein Schattenspiel von Ambitionen und Unfähigkeiten.
Fast die Gesamtheit seiner Romane und Kurzgeschichte spielt
in seiner Wahlheimatstadt Suzhou 苏州 im mittleren Osten Chinas in der Nähe Shanghais gelegen. Suzhou ist eine besonders kulturreiche Stadt, die sich trotz zahlreicher Bausünden des 20. Jahrhunderts ihren Charme mit der Vielzahl an Kanälen und antiken Gebäuden der Altstadt bewahren konnte. Gemeinsam
mit der weiter südlich gelegenen Stadt Hangzhou 杭州 wurde sie einst in einem chinesischen Sprichwort ob ihrer Schönheit als Paradies auf Erden
gepriesen.
Ihre Traditions- und Geschichtsgeladenheit, genau wie ihre Küche in China weithin bekannt, bietet Lus Geschichten das richtige Ambiente. Suzhou, mit der architektonischen Mischung aus Alt und Neu ist Sinnbild für den Zwiestreit zwischen althergebrachten Traditionen und den Bestrebungen der Modernisierer, dessen sich seine Geschichten oft widmen.
Eines von Lus Haupttopoi ist das vehementen Festhalten an alten Gewohnheiten, das seine Charaktere im Besonderen prägt. Er sinniert über die menschliche Unfähigkeit bzw. Unwilligkeit, alte, früh erlernte Angewohnheiten und Ansichten abzuschütteln. Seine Erzählungen sind sowohl Geschichtsberichte als auch Prognosen. Sie sind, wenn man so will, eine unterschwellige Kritik an dem kühnen doch letztendlich erfolglosen Unterfangen des maoistischen Kommunismus, die Seele eines gesamten Volkes von alten Vorstellungen zu reinigen, welches letztlich in den Exzessen der Kulturrevolution gipfelte. Lu ist dem Experiment der intellektuellen Erneuerung nicht grundsätzlich abgeneigt, erkennt aber deutlich dessen Begrenzung, die in der Behäbigkeit und Unfähigkeit des Menschen liegt, sich selbst von Grund auf zu ändern. Zwar schwingt in seinen Worten die Erkenntnis der Unabwendbarkeit des Wandels mit, doch sind sie gleichzeitig geprägt von der Sorge, mit den Erinnerungen das einzig Stabile im Leben zu verlieren. Denn was ist der Mensch anderes als ein Produkt seiner Erfahrungen?
Ihre Traditions- und Geschichtsgeladenheit, genau wie ihre Küche in China weithin bekannt, bietet Lus Geschichten das richtige Ambiente. Suzhou, mit der architektonischen Mischung aus Alt und Neu ist Sinnbild für den Zwiestreit zwischen althergebrachten Traditionen und den Bestrebungen der Modernisierer, dessen sich seine Geschichten oft widmen.
Eines von Lus Haupttopoi ist das vehementen Festhalten an alten Gewohnheiten, das seine Charaktere im Besonderen prägt. Er sinniert über die menschliche Unfähigkeit bzw. Unwilligkeit, alte, früh erlernte Angewohnheiten und Ansichten abzuschütteln. Seine Erzählungen sind sowohl Geschichtsberichte als auch Prognosen. Sie sind, wenn man so will, eine unterschwellige Kritik an dem kühnen doch letztendlich erfolglosen Unterfangen des maoistischen Kommunismus, die Seele eines gesamten Volkes von alten Vorstellungen zu reinigen, welches letztlich in den Exzessen der Kulturrevolution gipfelte. Lu ist dem Experiment der intellektuellen Erneuerung nicht grundsätzlich abgeneigt, erkennt aber deutlich dessen Begrenzung, die in der Behäbigkeit und Unfähigkeit des Menschen liegt, sich selbst von Grund auf zu ändern. Zwar schwingt in seinen Worten die Erkenntnis der Unabwendbarkeit des Wandels mit, doch sind sie gleichzeitig geprägt von der Sorge, mit den Erinnerungen das einzig Stabile im Leben zu verlieren. Denn was ist der Mensch anderes als ein Produkt seiner Erfahrungen?
Und so sind die breiten Kanäle und schmalen Gassen von Suzhou, mit
seinen Restaurants und Garküchen, den Straßenhändlern, seinen Tempeln und Parks ein Sinnbild für
die ausgetretenen Pfade der Gesellschaft, die auch mit dem scharfen Rechen der
Revolution nicht hinfortgekämmt werden können, die alten Ansichten, die wie ein
dunkler Fleck an der Wand auch durch die zehnte Schicht an Farbe hindurch wieder zum
Vorschein kommen. Lu sieht dies nicht als Makel, sondern als inhärenten Teil
des Menschseins und seine Geschichten stellen den Versuch dar, sich damit
auszusöhnen.Zudem bieten sie in ihrer milden Ironie einen lehrreichen wie unterhaltsamen Blick auf die jüngere chinesische Geschichte.
Bedauerlicherweise ist bisher nur eines seiner Werke auf
Deutsch erschienen, das jedoch besonders Lesenswert ist:
Der Gourmet: Leben und Leidenschaft eines chinesischen
Feinschmeckers [in einer Übersetzung von Ulrich Kautz] Zürich: Diogenes, 1993
Bild: http://www.baike.com/wiki/陆文夫
Bild: http://www.baike.com/wiki/陆文夫
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen