11.01.2009

Von der chinesischen Kochkunst

Essen ist eines der wichtigsten, wenn nicht das wichtigste Thema in China. Ein Versuch sich diesem zu entziehen muss letztlich scheitern. Denn von nichts anderem berichten Chinesen mit solcher Inbrunst als ihrer letzten Mahlzeit. Im Hanshu, einem Werk der östlichen Han-Dynastie, aus dem ersten Jahrhundert nach Christus, steht ein Satz, den viele Chinesen als kompakteste Darstellung ihrer Kultur sehen: Min yi shi wei tian (Für das Volk ist das Essen der Himmel). Und es gibt weis Gott schlimmeres, als seine Kultur auf dem Essen zu gründen.

China ist eine riesige Ansammlung von Gaststätten, Schnellrestaurants und mehr oder weniger mobilen Imbissständen. Man isst wo man steht und geht, nach der Devise, "Lasst uns heute essen und trinken, denn morgen schon können wir tot sein." Li Bo, ein chinesischer Autor, der sich eingehend mit der chinesischen Esskultur beschäftigt hat meint, die Eingenommenheit der Chinesen mit ihrem Essen sei ein Ergebnis des Hungers, der China jahrhundertelang beherrschte. Es gibt immer noch viele Chinesen, die sich der „drei bitteren Jahre“ der Hungersnot 1960-62 entsinnen können, in denen man sogar Gras und Blätter aß, um nicht zu verhungern. Aber inzwischen lässt sich auch in China der Wohlstand der Menschen an ihrem Bauchumfang ablesen.


China nennt sich nicht unverdient pengren wangguo (Königreich der Kochkunst), denn kein Land der Erde verfügt über eine solche Vielfalt an verschiedensten Küchen und Geschmacksrichtungen. Das zerkochte Gemansche, dass in deutschen Chinarestaurants auf dem Teller liegt, hat nichts mit den Köstlichkeiten zu tun, die ein chinesischer Koch auf den Tisch zaubert. Ambiente spielt dabei keine Rolle. Das Essen ist hier das Wichtigste. So ist denn der historisierende Kitsch der meisten Chinarestaurants in Deutschland ein Ärgernis für den Chinareisenden, erinnert es an die Einrichtung der faden Oberklassenrestaurants in China, in denen die Güte der Einrichtung über die Eintönigkeit des Essens hinweg täuschen soll. Dabei ist es gerade die einfache Küche der normalen Leute, die das besondere der chinesischen Kochkunst wider gibt. Nur leider ist die allzu oft nicht für die empfindlichen Mägen der Europäer geeignet, denn zum einen liegt in Sachen Hygiene in China einiges im Argen, was auch zunehmend Chinesen selber bemängeln. Zum anderen sind die Leckereien auf chinesischen Wochenmärkten und Imbissständen oft nicht die Gesündesten.

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